Drohnen in der Lagerhalle - und „der Affe im Zirkus"
Das Start-up doks. innovation aus Kassel vermarktet KI-gestützte Drohnen und Roboter, die mit einer speziellen Software die Inventur in Logistiklagern übernehmen. Gründer Benjamin Federmann setzt dabei auf unternehmerischen Pragmatismus, eine gesunde Fehlerkultur – und sieht sich augenzwinkernd als „Affe im Zirkus".
Trial and error: Wenn es nicht klappt, muss man es eben so lange erneut versuchen, bis es klappt. Diesen wichtigen unternehmerischen Grundsatz lebt Benjamin Federmann höchst erfolgreich. Als Gründer und Geschäftsführer von doks.innovation optimiert er mit einem 25-köpfigen Team in Kassel die Logistik großer Unternehmen mit Hilfe automatisierter Roboter und Drohnen sowie einer optimal darauf abgestimmten Künstlichen Intelligenz. Eine innovative Sensortechnologie, maschinelles Lernen, hocheffiziente Datenauswertung und autonome Navigation gehen dabei Hand in Hand und ermöglichen Kunden wie BMW, dem US-amerikanischen Nahrungsmittelkonzern Mars Incorporated oder verschiedenen Branchenriesen aus der Logistik kosteneffiziente und zeitsparende Inventur-Lösungen. 70 Projekte stehen im laufenden Jahr an, rund 35 Kunden haben bereits geordert.
„Das ist eine Erfolgsgeschichte wie aus dem Lehrbuch – dabei sind wir am Anfang massiv gescheitert“, sagt Benjamin Federmann ganz offen. „Unsere ersten drei Entwicklungszyklen haben allesamt nicht funktioniert, da waren wir zu technikverliebt. Gleichzeitig hatten wir systembedingt hohe Kosten und keinerlei Sicherheit, dass es irgendwann auch wirklich klappt. Aber wir haben trotzdem nicht aufgegeben, wie das eben als Start-up notwendig ist.“
Für den erfolgreichen Gründer aus Nordhessen gehören Widerstände zum Geschäft dazu. Die Corona-Krise warf das 2017 gegründete Unternehmen um fast ein Jahr zurück, weil viele seiner Kunden im EU-Ausland sitzen und von massiven Einschränkungen betroffen waren. Für Benjamin Federmann trotzdem keine große Sache, weil für ihn solche Probleme zum Unternehmertum dazugehören. „So simpel es klingt: Man muss einfach immer weitermachen“, rät er angehenden Gründern.
Der 37-Jährige kann dabei auf eine lange Berufserfahrung in unterschiedlichen Branchen zurückgreifen, was seine pragmatische Sicht auf die Dinge gefördert hat. „Mir war schon früh klar, dass ich Unternehmer werden will. Dabei wollte ich mich aber nicht auf ein bestimmtes Geschäftsmodell oder eine Branche festlegen. Als dann das Thema Drohnenlogistik aufkam, dachte ich mir: Das kann funktionieren, aber es ist auch nicht schlimm, wenn es nicht klappt. Diese Haltung hat mir die notwendige Flexibilität gegeben“, sagt Benjamin Federmann.
Während seine Mitgründer Martin Lang und Mike Becker die technischen Bereiche übernahmen, baute Benjamin Federmann den unternehmerischen Teil auf. Er kümmerte sich um die entscheidenden Netzwerke in der Gründerszene, knüpfte Kontakte zu möglichen Kunden und suchte ständig nach passenden Partnern. In Nordhessen fand das junge Start-up dabei ideale Bedingungen vor. „Mit dem Science Park Kassel und der ausgeprägten Gründungskultur in der Region hatten wir schnell die passenden Ansprechpartner. Das hilft natürlich enorm“, sagt Benjamin Federmann.
Zusätzliche Unterstützung gab es durch Wettbewerbe: Beim Hessischen Gründerpreis 2020 gewann doks.innovation in der Kategorie „Innovative Geschäftsidee“ den ersten Platz und konnte sein Netzwerk dadurch weiter ausbauen. Gründer Benjamin Federmann rät deshalb dazu, solche Möglichkeiten umfangreich zu nutzen: „Es geht dabei nicht um Selbstbeweihräucherung, sondern um einen Multiplikator-Gewinn: Große Unternehmen werden auf ein junges Start-up aufmerksam und daraus ergeben sich immer wieder neue Möglichkeiten. Das muss man als Gründer unbedingt mitnehmen und darf sich nicht etwa zu schade dafür sein. Ganz pragmatisch gesehen ist man als Unternehmer eben auch immer der „Affe im Zirkus“, der sein Produkt vermarkten muss. Nur eine tolle Idee zu haben, bringt noch keinen unternehmerischen Erfolg.“
Auch eine solide Finanzierung gehört für Start-ups dazu. Benjamin Federmann und seine Mitgründer setzten dabei von Anfang an auf kleinere Teilprojekte, um erste eigene Umsätze zu verdienen und das Gesamtprojekt auf diese Weise mitzufinanzieren. Hinzu kamen öffentliche Förderungen aus verschiedenen Forschungsprojekten, die rund 2,5 Millionen Euro einbrachten. In etwa die gleiche Summe konnte doks.innovation bei Investoren einsammeln, weitere 1,5 Millionen Euro gab es als KfW-Kredit.
„Die hohen Summen ergeben sich vor allem aus den hohen Kosten der Hardware, die naturgemäß ganz andere Dimensionen erreicht als reine Software-Lösungen. In solchen Fällen helfen aber erfahrene Partner, die bereits erfolgreich am Markt sind und Teillösungen beisteuern können. Unsere Drohnen haben wir beispielsweise nicht selbst konstruiert, sondern zugekauft und dann komplett für unsere Bedürfnisse umgebaut. Man muss als Gründer also das Rad nicht neu erfinden, sondern es nur optimieren“, rät Benjamin Federmann angehenden Start-ups. „Das Ganze ist wirklich eine Kopfsache: Ich muss mit voller Überzeugung Unternehmer sein und weitermachen, auch wenn es nicht klappt. Irgendwann werde ich Erfolg haben – und bis dahin sammele ich eben wertvolle Erfahrungen.“
Diese Reportage wurde im März 2021 geschrieben. Mittlerweile hat Benjamin Federmann doks.innovation verlassen und ist zum Berliner Start-up Ono Motion gewechselt. Seine Stelle bei doks.innovation hat Manuel Krieg angetreten, der bislang beim Regionalmanagement Nordhessen tätig war.
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